Fotoserie, 80 x 65 cm / 19-teilig, fotografiert in Tokyo, Shinjuku 2007
mit einem Text von Dr. Margit im Schlaa(ganz unten)
„Strümpfe-Rikka“ / „Auberginen/Pfirsich-Freestyle“ / „Schuh-Rikka“
„Putzschwamm-Shoka“ / „Pelzschal-Shoka“ / „Lippenstift-Freestyle“ (v.l.n.r.)
Stephanie Senge aus ihrem „Making-Of“(Text-Auszug): 2007 verbrachte ich drei Monate in Tokyo, um bei meiner Ikebana-Meis-terin den Rikka-Stil zu erlernen, der mich von Anfang an sehr reizte. In dieser Zeit entstand neben einigen neuen Objekten für eine Ausstellung in Tokyo auch die Fotoserie Frische Einkäufe. Das Einkaufen ist in Japan ein ganz besonderes performatives Erlebnis. Wie auch bei einer Tee-Zeremonie nimmt die Verkäuferin an der Kasse das erwünschte Objekt mit beiden Händen entgegen und begutachtet es intensiv, ob auch alles damit in Ordnung ist: Die höchste Art der Wertschätzung, die ich je an einer Kasse erlebt habe. Das aufwendig verpackte Ding bekommt man in einer wunderschönen Tüte persönlich am Ausgang des Geschäftes mit den freundlichsten Wünschen in die Hand. Das war für mich jedes Mal ein unglaublich schönes Erlebnis; man hat fast das Gefühl, etwas Heiliges in Empfang genommen zu haben. Nach jedem Ikebana-Unterricht baute ich wie bei der Fotoserie Diary mein gerade erlerntes Ikebana zu Hause nach meinen Skizzen wieder auf. Diesmal vor der Steinmauer meines Studios, in Kombination mit einigen meiner zu dieser Zeit getätigten Einkäufe in Tokyo.
Text von Dr.Margit im Schlaa:
Pelzschal (Shoka) und Auberginen / Pfirsich (Freestyle), aus der Fotoserie Frische Einkäufe (2007)
Beide Fotos sind 2007 in Tokyo entstanden, wo Senge bei ihrer Ikebana-Meisterin den Rikka-Stil und dessen Unterarten erlernte. Nach jedem Ikebana-Unterricht baute sie das gerade erlernte Ikebana zu Hause nach ihren Skizzen wieder auf, in Kombination mit einigen zu dieser Zeit getätigten Einkäufen. Für den Pelzschal, der vor der Steinmauer ihres Studios entstand, verwendete Senge einen Tannenzweig, Rosen und einen aus weißem, watte-bauschähnlichem Material bestehenden Schal, den sie um den Fuß des Gesteckes wickelte, wo er wie ein wild wucherndes Gestrüpp wirkt. Es ist im modernen Shoka-Stil gestaltet, der als vereinfachte Form des Rikka aus den drei Hauptlinien Shin, Soe und Tai mit einigen Hilfslinien besteht und drei Materialien, jedes geeignete Gefäß und den Kenzan als Befesti-gungstechnik erlaubt. Das Arrangement hat einen gemeinsamen Fuß, alle Linien müssen direkt hintereinander in den Behälter gesteckt und fixiert werden, von wo sie sich nach bestimmten Regeln auffächern. Für das Foto Auberginen / Pfirsich baute Senge ein Ikebana in der Freestyle-Technik, bei dem der Künstler die freie Wahl des Materials hat und es ihm überlassen bleibt, zu komponieren, was er für schön hält. Auch dieses Gesteck baute sie vor ihrem Studio, wobei sie einen Plastiktisch als Fuß verwendete und zwei Styroporbehälter darauf stellte, die ihrerseits als Füße für zwei hintereinander stehende Ikebana-Gestecke mit Tannenzweigen, Schleierkraut und Strelitzien dienten. Vor dem Plastiktisch lehnt hochkant ein Plastiktablett, auf dem der Print einer exotischen Frucht in einem weißen Plastiknetz zu sehen ist. Eine Live-Variante dieser Frucht liegt links daneben. Die Frucht und ihre Repro-duktion spielen mit der Wahrnehmung des Bildes im Bild und damit mit der Wahrnehmung alltäglicher Billigprodukte als Bestandteile einer klassischen Kunstform, die im Rahmen eines weiteren künstlerischen Mediums, der Fotografie, inszeniert wird.
Dr. Margit im Schlaa, 2020